Zurück

Und hier für alle, die Probleme haben, den Text in Sütterlin zu lesen, das Ganze noch einmal in lateinischer Schrift.

Die letzte Hinrichtung im Kreis Wittlage

Nach einer wahren Begebenheit von Dr. Ernst Lange
in: Kislings Allgemeiner Kalender 1966, Seite 100 ff

Die Kreuzung des Schierenhorstweges und des Weges Bad Essen – Deitinghausen, oberhalb von Thunhorst-Hegge in Bad Essen – das ist das Gelände, auf dem jetzt das Wohnhaus des Verwalters A. D. C. Theilen, Berg 134, steht – wird heute noch „Galgenbrink“ genannt, weil dort im Jahre 1832 der Vatermörder Hermann Heinrich Staare aus Mönkehöfen hingerichtet wurde. Da es sich hierbei um die letzte Hinrichtung im Kreis Wittlage handelt, sei darüber kurz berichtet, damit die Nachwelt eine Erklärung für die Bezeichnung „Galgenbrink“ finden kann.

Eine gewisse Familie Staare bewohnte seinerzeit einen Kotten in Mönkehöfen. Zwischen dem Vater Staare und seinem 21jährigen, bereits verheirateten Sohn Hermann hat anscheinend kein gutes Verhältnis bestanden. Vater und Sohn sollen oft ernste Auseinandersetzungen miteinander gehabt haben. Als Vater Staare gegen den Willen seines Sohnes in Eielstädt eine Kuh gekauft hatte und sie abends nach Mönkehöfen holen wollte, lauerte der Sohn seinem Vater auf und erschlug ihn mit der Axt etwa zwei Kilometer vom Richtplatz entfernt, in der Verlängerung des Schierenhorstweges, am Hehenkamp vorbei, in der Nähe der Grundstücke von Leimbrink und Becker. Während der Mörder seinen ermordeten Vater am Tatort liegen ließ, brachte er die Kuh in den Stall, stellte die mit Blut befleckte Axt hinter sein Bett und legte sich schlafen, als ob nichts geschehen sei. Der Verdacht, diese verwerfliche Tat begangen zu haben, fiel aber gleich auf den jungen Hermann Staare. Er wurde verhaftet und in das Gefängnis im Wittlager Turm gebracht. Nach anfänglichem Leugnen gestand H. Staate schließlich, seinen Vater erschlagen zu haben. In der sich bald anschließenden Gerichtsverhandlung wurde der Vatermörder zum Tode durch das Schwert verurteilt. Gleichzeitig wurde als Zeitpunkt der Hinrichtung der Tag vor dem Essener Frühlingsmarkt, der 18. Juni 1832, und als Stätte der Hinrichtung der obenerwähnte Platz im Essener Berge festgelegt.

Als der Mörder an dem für seine Hinrichtung festgesetzten Tag im Wittlager Turm seine Henkersmahlzeit verzehrt hatte, wurde er in eine Kuhhaut gehüllt und in einen mit vier Pferden bespannten Schlitten gesetzt. In schneefreier Zeit in einen Schlitten zur Richtstätte gebracht zu werden, galt als besondere Schande. Unter Vorantritt eines Geistlichen und eines Kantors mit einigen Schulkindern und unter dem Läuten des Armesünderglöckleins bewegte sich der Zug durch Wittlage, Eielstädt und Essen zum Essener Berge, wo sich inzwischen viele Neugierige von weit und breit eingefunden hatten, die zum Teil auf die Bäume in den benachbarten Bergteilen geklettert waren, um den Hinrichtungsvorgang genauestens beobachten zu können. Die Richtstätte war durch ein dickes Seil abgesperrt, aber trotzdem konnten acht hannoversche Ulanen kaum die drängende Menge zurückhalten.

Nachdem der Mörder auf dem Richtstuhl festgebunden war, verlas ein Richter mit lauter Stimme das Todesurteil und schloß mit den Worten: „Das Urteil ist gesprochen, der Stab wird gebrochen – dabei zerbrach er einen armlangen, fingerdicken Stock -, Sünder, du mußt sterben.“

Innerhalb von wenigen Minuten hatte der Scharfrichter sein grausiges Werk verrichtet, wobei viele Zuschauer vor Entsetzten von den Bäumen gestürzt sein sollen. Staares Leichnam wurde in einen Sarg gelegt und ganz in der Nähe verscharrt.

Im Volksmund wird allerdings behauptet, daß die Leiche, dort nicht mehr liege, sondern später heimlich ausgegraben worden sei, um sie für medizinische Studienzwecke zu verwenden.

Zurück